Vom Raum-Wandler Licht
Cellesche Zeitung, 25.10.2011 - Autor: Aneka Schult
Wieder hält eine große Idee Einzug ins Kunstmuseum Celle mit Sammlung Robert Simon, mit der Sonderausstellung „Mischa Kuball: mies-mies“, die am Sonnabend im Beisein des Düsseldorfer Künstlers eröffnet wird.
CELLE. Schon der Titel sei ein Spiegel, so der in Düsseldorf lebende Künstler Mischa Kuball, Jahrgang 1959, Professor an der Kunsthochschule für Medien in Köln und Gründer des 1/MinusEins-Experimentallabors. „Mies van der Rohe ist für mich ein Architekt, der keine Räume zum Benutzern, sondern zum Beschauen schuf.“ Der Satz verrät, wie intensiv Kuballs Beschäftigung mit diesem bedeutenden Architekten der Moderne ist. Dessen Baukunst galt dem Ausdruck konstruktiver Logik und räumlicher Freiheit in klassischer Form. Ein Meilenstein der Moderne wurde sein fast zweckfreier Repräsentationsbau zur Weltausstellung 1929: der „Barcelona-Pavillon“.
Die wechselvolle Beziehung von Licht zu Raum und Architektur steht auch bei Kuball im Zentrum einer Sonderausstellung, die das Museumsgebäude mit einbezieht: Eine Wechselschaltung versetzt die weiße Hinterleuchtung des gläsernen Foyer-Kubus in langsam fließende Auf- und Abbewegungen und lässt das Gebäude förmlich atmen. „Die Arbeit „inhale/exhale“ ist der Auftakt zum nächtlichen Lichtkunst-Parcours des 24-Stunden-Kunstmuseums“, erläutert der künstlerische Leiter Robert Simon. „Ein Gang im Dunkeln um das Gebäude erlaubt weitere Einblicke in die Ausstellung.“ Mit seiner Licht-Intervention am Gebäude eröffnet der international agierende Medien- und Konzeptkünstler einen weitreichenden Reflexions-Raum über das Zusammenspiel von Licht und Architektur. Dies gilt auch für den Werkblock „mies-mies“, dem Kernstück der Ausstellung, dessen Ausgangspunkt Kuballs langjährige Auseinandersetzung mit dem „Barcelona-Pavillon“ und der für das 20. Jahrhundert stilprägenden Vision van der Rohes, die Trennung zwischen Architektur und Umgebung aufzuheben, ist. „Van der Rohe war als Baumeister Weltgestalter, nicht nur Architekt“, sagt Kuball. Mit offenem Grundriss, transparenten Glasfassaden und einer raffinierter Lichtführung, mit der Öffnung des Gebäudes von innen nach außen, hat er eine neue Formensprache entwickelt.
Kuball durchleuchtet und reflektiert die Innovation dieser Architektur, die seit 1986 als Rekonstruktion wieder zugänglich ist. In großformatigen Lichtkästen reproduziert und interpretiert er Motive und Details, in denen die besondere Rolle des Lichts, Spiegelungen und Brechungen, zum Ausdruck kommen. Neben diesen visuellen Zitaten loten weitere Licht-Installationen wie „Projektionsraum 1:1:1“, „spinning“ oder ein Nachbau des Licht-Raum-Modulators von László Moholy-Nagy durch die Kombination von Licht und Bewegung das Raum-Erleben aus. Die SVO Energie GmbH Celle, die man zum zweiten Mal als Kulturpartner gewann, ist begeistert vom Licht als Energie-Transport-Moment.
Die Eröffnung der Ausstellung findet am Sonnabend, 29. Oktober, um 19 Uhr im Beisein des Künstlers statt. Einführend spricht Dr. Joachim Jäger, Leiter der Neuen Nationalgalerie Berlin. Ausstellungsdauer: bis 31. März 2012.