Spürnase mit Lust zum Experiment
30 Jahre Galerie „kö 24“:
Robert Simon wird heute 65
Eine Galerie mit großer Außenwirkung: Die „kö 24“ wird heute 30 Jahre alt, ihr Gründer Robert Simon feiert heute seinen 65. Geburtstag.
Neue Presse 16.07.2011 - VON SIEGFRIED BARTH - Fotos: Decker/Rogge
HANNOVER. Der erstklassige Kunststandort Hannover gründet sich auf Museen und Kunstvereine. Die private Szene dagegen schwächelt, manche hoffnungsvolle Galerie lebte nur kurze Zeit. Nur zwei Galeristen erreichten dauerhaftes Großformat: Dieter Brusberg und Robert Simon. Brusberg war der Nachkriegskönig des Kunsthandels in Hannover und residierte im Kubus und in der Uhlemeyerstraße, bis er 1982 umzog an den Berliner Kurfürstendamm.
Neue Konzepte
Kurz zuvor hatte Robert Simon das Haus Königsworther Straße 24 gekauft, um „junge Künstler zu fördern“. Der Edelgalerie sah man sofort an, dass mehr daraus werden sollte. „Ich bin Quereinsteiger“, sagt Simon heute, wohl darum ging er so ungewöhnliche Wege. Der Betriebswirt war zuvor im Versicherungsmanagement tätig gewesen, erst mit 35 folgte er seiner Leidenschaft für Kunst. „Mich interessierten neue Konzepte“, sagt er: „Das Konzept war immer zuerst da, dann suchte ich mir die dafür geeigneten Partner.“ Die ersten Konzepte führten ihn „raus auf die Straße, rein in die Stadt“, auch in andere Städte. In Stuttgart hat er einen Platz gestaltet und im Süden große Kunst in Industriehallen gebracht. In Hannover gaben „kö“-Ausstellungen über Stahlplastik den Anstoß für die „Skulpturenmeile“, die von der Herrenhäuser Allee bis zum Leineschloss reicht. Vergleichbare Spuren hat kein Galerist in Hannover hinterlassen.
Neue Stiftung
Celle verdankt ihm ein neues Museum mit einzigartigem Konzept. Weil es großflächig durchsichtig ist und nachts die Altstadt mit Kunst erhellt, darf es sich „das einzige 24-Stunden-Museum der Welt“ nennen. Simon gründete eine Stiftung, brachte seine beträchtliche Kunstsammlung ein und leitet das Haus auf zuweilen spektakuläre Weise. Lichtkunst, einer der Celler Schwerpunkte, erleuchtet auch Hannovers City mit den „Lichtbänken“ von Francesco Mariotti und den „leuchtenden Vorbildern“ von Vollrad Kutscher. 2001 ließ Zero-Klassiker Otto Piene vor dem Opernhaus einen Lichtstern aufsteigen. Das war ein Riesenspektakel, auch deswegen, weil ein Sturm den Leuchtballon losriss und in den Himmel entführte. Simons Erfolgsrezept ist eine Mischung aus Experimentierlust, Verwegenheit und Spürnase. Bevor Sprengel Museum und Kunstverein den berühmtesten hannoverschen Künstler Timm Ulrichs zu seinem 70. Geburtstag neu entdeckten, war Simon schon am Drücker gewesen. Er ließ den multiplen Schädel des Künstlers, „Kopfsteinpflaster“ genannt, in Großauflage in Beton gießen.
Neue Stile
Die „kö 24“ verzichtet inzwischen auf Vernissagenbetrieb, ist aber ein Ort des regen Kunsthandels geblieben, vorwiegend verwaltet von Ehefrau Heide Simon. Auch andere klassische Merkmale von Galerien sucht man vergeblich: Es gibt keine Begrenzung auf Stile, Richtungen oder Genres, keine „persönliche Handschrift“. Es sei denn, man sieht eine solche in der stetigen Suche nach dem Neuen und Anderen. Simons Sammelleidenschaft steckt voller Überraschungen, ist aber von Qualität bestimmt. Fast jedes Bild oder Objekt macht verständlich, warum es gekauft wurde oder verkauft werden will.