»Ich plane einen Lichtkunstbahnhof«
„Mister Skulpturenmeile“ wird heute 65:
Robert Simon über sein erstes eigenes Kunstwerk und neue Pläne
Hannoversche Allgemeine Zeitung, 16.07.2011 - Interview: Johanna Di Blasi
Sind Sie in erster Linie Galerist in Hannover oder ehrenamtlicher Museumsdirektor in Celle?
Ich weiß eigentlich nicht genau, was ich bin. Ich habe in Celle in den zurückliegenden 15 Jahren ehrenamtlich ein Museum aufgebaut, etwa 50 Prozent meiner Arbeitszeit bin ich dort, den Rest verbringe ich mit der Galerie.
Sie haben die Galerie kö 24 an Ihrem 35. Geburtstag gegründet – heute feiern Sie 65. Geburtstag und zugleich 30-jähriges Galeriebestehen. Wer feiert mit?
Wir begehen den Anlass im kleinen Kreis, na ja, 120 Personen werden es schon sein. Von den Künstlern haben sich unter anderem Francesco Mariotti, Lienhard von Monkiewitsch, Peter Basseler und Georg Seibert angekündigt. Auch der Oberbürgermeister von Celle wird da sein.
Sie haben als Galerist ein ganz eigenes Geschäftsmodell. Was zeichnet dieses aus?
Als ich von der Wirtschaft kommend in den achtziger Jahren in die Kunst eingestiegen bin, wollte ich nicht das machen, was alle machen. Ich verlegte mich zum einen auf Kunst im öffentlichen Raum, zum anderen auf Kunst als Bestandteil der Unternehmenskultur. Pionier war ich vor allem darin, Kunst im öffentlichen Raum auf eigenes Risiko und vielfach auf eigene Rechnung zu realisieren.
Wie weit reicht Ihr Radius?
Ich habe in mehreren Städten Deutschlands und der Schweiz Kunst in den öffentlichen Raum gebracht. Ein Schwerpunkt liegt im süddeutschen Raum. Ich habe beispielsweise für einen Hightech-Unternehmer in Baden-Württembergein internationales Lichtkunstprojekt realisiert.
Sie kommen aus Kassel. Hat Sie die documenta zum Kunstliebhaber gemacht?
Ja, es war eine ganz frühe Prägung. Mein Onkel hatte in Kassel ein Hotel, in dem viele documenta-Künstler abstiegen. Ich war ein sehr zurückhaltendes Kind, aber es bereitete mir große Freude, die Gesprächeder Künstler zu verfolgen.
Was war das erste Werk in Ihrer privaten Sammlung?
Das war in den sechziger Jahren ein kleines Auflagenwerk von Joseph Beuys. Beuys wollte ja mit seinen Multiples eine Art Fangemeinde aufbauen. Die Auflagenwerke gab es zu lächerlichen Preisen zu kaufen. Sie wurden erst später sehr teuer. Wie Beuys sich mit seiner Kunst ins Gespräch und in Szene setzte, wie er Denkanstöße gab und im Grunde die ganze Kunst auf den Kopf stellte, beeindruckte mich tief.
Außer Kunst sammeln Sie auch Krawatten.
Ich bin Krawattenfreak. Leider wird es immer schwerer, passende Stecktücher zu finden. Ich habe Hunderte Krawatten.Ein wenig dezimiert wurde meine Auswahl,als sich meine Frau vor ein paar Jahren aus Krawatten von mir Röcke und Blusen machte. Als Krawattenträger bin ich natürlich Schnee von gestern, heute trägt man Tuch.
Wie gelang es Ihnen als Durchschnittsverdiener, eine so umfangreiche Sammlung aufzubauen – nicht an Krawatten natürlich, sondern an Kunst?
Sammler zu sein wird heute immer schnell in die Geldecke gestellt, als eine Sache reicher Leute. Ich habe aber viele Menschen kennengelernt, die Kunst im Kleinen gesammelt haben, teilweise mit Ratenzahlungen. Auch ich habe mit kleinen Werken angefangen. Das nicht vorhandene Geldmusste ich durch die Kraft der Idee ersetzen. Ich habe versucht,Leute zum Mitmachen zu begeistern.
So hat sich beispielsweise im Jahr 2000 der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder für die Realisierung der 17,5 Meter hohen Plastik am Königsworther Platz eingesetzt, die den Schlussakzent Ihrer „Skulpturenmeile“ bildet.
Gerhard Schröder hat damals den Kontaktzu niedersächsischen Unternehmen hergestellt, die uns dann die Materialien zur Verfügung stellten. Schröder war ein Wegbegleiter.
In einem Expertengutachten wurde die „Skulpturenmeile“ 2008 als Ampelwartebespaßungskunst eingestuft. Hat Sie das gekränkt?
Anfangs ja, aber die Gutachter haben überhaupt nicht verstanden, worum es geht. Die Skulpturenmeile war nie für Spaziergänger gedacht, sondern von Anfang an für den fließenden Verkehr – als meistbesuchte Kunstausstellung in der Stadt.
Sie haben auch einen neuen Museumstyperfunden: das „Erste 24-Stunden-Kunstmuseum der Welt“. Klingt nach Marketinglabel.
Meine Grundlagen durch ein betriebswirtschaftliches Studium und das Marketingwissen haben mir nie geschadet. Auch nicht, dass ich ein bisschen auf Vorstandsetagen rumgelaufen bin.
Was kommt als Nächstes?
In Celle haben wir vor, den Bahnhof in einen Lichtkunstbahnhof zu verwandelt. Ob und in welcher Form das gelingt, bleibt abzuwarten.
ROBERT SIMON...
...wurde 1946 in Kassel geboren und mit 26 Jahren Pressesprecher einer Versicherungsgruppe. Er gab den gut dotierten Posten für eine Karriere als Kunstvermittler auf. 1981 gründete er die Galerie kö 24 in Hannover, 1998 initiierte er das „Erste 24-Stunden-Kunstmuseum der Welt“ in Celle, 2000 gründete er die Robert Simon Kunststiftung. 2006 verlieh ihm Hannover die Stadtplakette für besondere Verdienste um die Landeshauptstadt. Seine Kunstsammlung umfasst Werke unter anderem von Beuys, Christo, Ulrichs, Krieg, Willikens.