Gewollt oder ungewollt meistbesuchtes Museum
Kunstsammler Robert Simon als Initiator der Skulpturenmile
Der 65. Geburtstag und das 30-jährige Bestehen seiner Galerie Kö 24 in Hannover sind Grund genug, einmal einen Blick auf das Wirken des Kunstsammlers, Initiators und Künstlerischen Leiters des Celler Kunstmuseums außerhalb der Herzogstadt zu werfen.
Cellesche Zeitung, 30.07.2011 – von Aneka Schult
CELLE. 1981 hat Robert Simon seine Galerie in der Königsworther Str. 24 als Fördereinrichtung gegründet. Sie ist werkmäßig gut bestückt. Die Depots sind gefüllt. „Es ist aber keine Galerie im klassischen Sinn, hier werden Konzept entwickelt“, führt Simon durch die Räume. Eines dieser erfolgreichen künstlerischen Konzepte ist die Skulpturenmeile in Hannover. Zwischen dem Niedersächsischen Landtag und den Herrenhäuser Gärten stechen acht Arbeiten aus dem Verkehrstreiben heraus und fügen sich dynamisch ein: die „Avenue K“ von Kenneth Snelson, Eugène Dodeignes „Große Familie“, „Stahl 17/87“ von Erich Hauser, „Genesis“ von Brigitte und Martin Matschinsky-Dennighoff, Bernhard Heiligers „Deus ex machina“, Alf Lechners „Kreisteilung – Quadratordnung – Kugel“ sowie John Henrys „Symphonie in Red“. Ausgangspunkt war das Experiment Straßenkunst mit den bunten Nanas von Nici de Saint Phalle. Sie waren 1972 auf Initiative des damaligen Leiters des Kunstvereins Mike Gehrke am Leibnizufer mit viel Aufregung aufgestellt worden. 1986/1987 organisierte Simon in Hannover die Ausstellungen „Stahl 1“ und „Stahl 2“ mit Skulpturen Berliner Bildhauer und deutscher Stahlbildhauer. Durch Privatinitiative gelang es, mehrere Skulpturen für immer in Hannover zu halten und vorhandenen städtischen Kunstbesitz sinnvoll zu ergänzen. Heute sind bis „Symphonie in Red“, einer Dauer-Leihgabe der Niedersächsischen Lottostiftung, alle Arbeiten Eigentum der Landeshauptstadt.
Simons Anliegen ist es, Kunst zu etablieren, wo sie sich behaupten muss wie im urbanen Verkehr. „Im Park ist es leiht, Kunst zu platzieren. Hier am Königsworther Platz aber rauschen am Tag 75.000 Autos durch.“ Es reize, qualitätvolle Akzente im Zentrum des mobilen Lebens zu setzten. „Der Verkehr bestimmt, was man sieht.“
Allein der Aufbau der John-Henry-Skulptur, deren Realisierung anfangs (1997) in den Sternen stand und nur der ehrgeizigen Sponsorensuche Simons zu verdanken ist, war eine organisatorische Meisterleistung. Auf Vermittlung des damaligen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder stellte die Salzgitter AG den Stahl, die Meyerwerft den Rohling und die Lottostiftung das Kapital. Spezialstatiken mussten angefertigt werden, weil der Boden über der U-Bahn-Station Königsworther Platz nur 53cm hoch ist. Für den Aufbau ließ Simon eine Fahrbahn sperren. „Die Kraft der Idee ersetzt nich vorhandenes Geld“, weist er fasziniert auf die sich zwischen den Skulpturen ergebenen Blickachsen hin, aber auch auf ihre körperliche Wucht. „Hier braucht man die Dimension“, so Simon, der mit seiner Skulpturenmeile Hannovers Stellung als „Stadt der Kunst im öffentlichen Raum“ im Anschluss an das Straßenkunstprogramm aus den 70er Jahren manifestierte. „Diese Skulpturenmeile ist deutschlandweit einzigartig“, sagt Simon, der 15 Jahre an ihr gearbeitet hat. „Es ist das meistbesuchte Museum, ob gewollt oder ungewollt“.
Robert Simon auf der Skulpturenmeile vor der Plastik „Stahl 17/87“ von Erich Hauser