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Traumjob: Steinhagenerin trifft Idole

Lorenza Kaib (31) organisiert eine Ausstellung im ersten 24-Stunden-Kunstmuseum der Welt. Sind die Künstlerinnen und Künstler so cool wie ihre Werke? Und wie schützt man die Bilder vor Anschlägen?

Haller Kreisblatt - 25.03.2023; Neuen Westfälische - 25.03.2023 

von Frank Jasper

Steinhagen/Celle. Elf Mal hat Lorenza Kaib eine nette EMail geschrieben, in einer Galerie angerufen oder einfach eine Message bei Instagram getippt. Immer lautete ihre Frage: Hey, ich finde Ihre Kunstwerke super, darf ich sie in einer Ausstellung zeigen? Elf Mal erhielt sie eine positive Antwort. Diesen Sonntag wird die erste von Lorenza Kaib kuratierte Ausstellung eröffnet. Bereits im November 2021 hatte sie mit den Vorbereitungen begonnen.

Glamour-Faktor ist überschaubar

Nach dem Abitur 2011 in Steinhagen studierte Lorenza Kaib zunächst Fotografie und Design an der Essener Folkwang- Universität, hing dann ein Studium für Kunstgeschichte der Gegenwart und Moderne an der Ruhruniversität Bochum dran. Nun absolviert die 31-Jährige ein Volontariat am Kunstmuseum Celle. Ein besonderes Haus, das sich als „erstes 24-Stunden-Kunstmuseum der Welt“ bezeichnet.
„Abends schließen auch wir die Türen, aber dank der gläsernen Fassade können die Besucherinnen und Besucher auch von außen Teile der Ausstellungen sehen“, erklärt Lorenza Kaib. „Darüber hinaus zeigen wir Lichtinstallationen an der Fassade und rund um das Gebäude.“

Seit diesem Sonntag ist in dem nachtaktiven Museum die Ausstellung „FLOAT. Dazwischen als Strategie“ zu sehen. Arbeiten von elf national und international renommierten Künstlerinnen und Künstlern setzen sich darin mit Unschärfe, Vieldeutigkeit und fließenden Übergängen bezüglich Herkunft und Geschlecht auseinander. „Wir sind komplexer und vielfältiger, als Labels suggerieren“, stellt die Ausstellungsmacherin
dazu fest. Das Klischee, wonach der Job der Kuratorin eine Menge mit Glamour und Jetset-Leben zwischen Vernissagen und Stippvisiten in Ateliers zu tun hat, widerlegt Lorenza Kaib schnell. „Tatsächlich arbeitet man im Vorfeld viel am Schreibtisch. Ich musste ein Konzept erarbeiten, einen Finanzplan aufstellen, Förderanträge schreiben, Versicherungen für die Kunstwerke abschließen und den Transport der Werke organisieren“, zählt sie Beispiele aus ihrem Arbeitsalltag auf. Nebenbei hat sie auch noch eine eigene Internetseite für die Schau erarbeitet. Nach eineinhalb Jahren Vorbereitungszeit weiß die Kunsthistorikerin: „Eine Ausstellung zu planen, ist kein Sprint, das ist ein Marathon.“ Passende Teilnehmer zu finden, sei da noch eine der leichteren Aufgaben gewesen. „Ich habe so etwas wie ein Bildergedächtnis; da speicher ich Bilder ab, die ich in Museen, Galerien oder bei Instagram gesehen habe und die mir gefallen“, erklärt Lorenza Kaib.

In den vergangenen Wochen kam dann der wirklich spannende Teil. „Da habe ich einige der beteiligten Künstlerinnen und Künstler getroffen, die für mich ja schon so etwas wie Idole sind“, erzählt die 31-Jährige. „Besonders schön ist es, wenn man dann merkt, dass man nicht nur deren Werke gut findet, sondern auch die Menschen, die dahinter stehen.“ Die niederländische Künstlerin Guda Koster zum Beispiel. „Die hat eine Skulptur und fünf Fotografien persönlich vorbeigebracht. Das war eine schöne Begegnung und hat nebenbei noch die Zollgebühren gespart.“ Ein Thema, das aktuell die gesamte Kunstwelt beschäftig, treibt auch Lorenza Kaib in diesen Tagen um: die Anschläge der sogenannten „Letzten Generation“ auf Kunstwerke in Museen. Die Steinhagenerin hat dazu eine klare Meinung: „Wir wollen nicht alles hinter Glas zeigen und überall rote Poller aufstellen. Für die Besucherinnen und Besucher, die in ein Museum kommen, geht es ja um die Erfahrung mit der Kunst im Raum. Wenn das nicht mehr möglich wäre, könnten sie sich die Werke ja auch im Internet anschauen.“

Pendeln zwischen Essen und Celle

Lorenza Kaib, die aktuell zwischen Essen und Celle pendelt und zwischendurch Abstecher zu ihren Eltern in Steinhagen macht, wird die nächsten Monate ihre Premieren- Ausstellung weiter mit Führungen und Workshops begleiten. Natürlich freut sie sich auch auf Besucherinnen und Besucher aus ihrer alten Heimat. „Celle ist zwar eine Kleinstadt, hat aber neben sehr viel Kultur auch eine schöne historische Altstadt zu bieten.“

Die Ausstellung „FLOAT. Dazwischen als Strategie“ ist bis zum 24. September im Kunstmuseum Celle zu sehen.