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Einzigartige musikalisch-szenische Videokunst

Cellesche Zeitung - 26.11.2021

Das Ensemble trio.s und die Videoperformerin Manuela Hartel haben das großartige Programm „melaTONin“ im Celler Kunstmuseum aufgeführt.

Celle

Videokunst im Zusammenhang mit Musik, da wird oft die Musik nur gebraucht, um eine Klangkulisse für sich bewegende Bilder abzugeben, ohne dass die Musik einen Eigenwert erhält. Wenn Musik aber nur als Staffage für Videoideen herhalten soll, dann ist es oft schade um die Musik, wenn diese selbst hochwertig ist und trotzdem vom Subjekt zum Objekt gemacht wird. Mit einem Abend solcher Art war zu rechnen bei dem Programm „melaTONin“ des Ensembles trio.s (zwei Sängerinnen und ein Akkordeonist) und der Videoperformerin Manuela Hartel. Bei der Aufführung war dann erfreulicherweise alles ganz anders. Zu erleben war eine großartige Performance als Kombination von Musik, Bewegungskunst und Videokunst, in der jede Gattung ihren eigenen Sinn behielt, aber mit den anderen Künsten in einen Bezug gesetzt wurde, so dass letztlich eine Art Gesamtkunstwerk entstehen konnte. Das Konzept des Ganzen stammte dabei von den beiden Sängerinnen des trio.s, die sich für die Bewegungskomponente Gracyna Przybylska-Angermann dazu geholt hatten.

melaTONin. Ein Schlafzyklus in Musik und Raum

Vorgänge im Gehirn eines Schlafenden

Ausgangspunkt der Veranstaltung war wohl die Überlegung der beiden Sängerinnen Susan Jebrini und Sonja Catalano, einen Schlafzyklus mit seinen verschiedenen Phasen in eine musikalisch-szenisch-videografische Dimension zu überführen. Dazu hatte ihnen Christian Nolte eine Reihe von vorwiegend romantischen Gesangsstücken für die Besetzung des trio.s bearbeitet und Akkordeonist Goran Stevanovich hat noch eigene, geradezu experimentelle Klänge an seinem Instrument hinzugefügt. Dazu kamen gesprochene erläuternde Texte zum sachlich-wissenschaftlichen Hintergrund des Ganzen. Das wäre als reine Musikveranstaltung an sich schon faszinierend gewesen. Jedoch fügte Manuela Hartel dieser klanglichen noch eine videografische Ebene hinzu, die den Bogen in die vermeintlichen Vorgänge im Gehirn eines Schlafenden zu einem faszinierenden Raumerlebnis machte.

Fantasieabläufe auf mindestens zwei Ebenen

Halter zeigte videografische Fantasieabläufe ganz eigener Art, wobei ihre Arbeit mindestens zwei Ebenen hatte: Einerseits gestaltete sie videografisch einen sich verändernden virtuellen Raum, in dem die beiden Sängerinnen wie in einem Musiktheaterstück agieren konnten, andererseits verbildlichte sie vermeintliche Hirnvorgänge als Assoziationsfolgen. All das ergänzte sich perfekt, ja steigerte sich gegenseitig in der Wirkung.

melaTONin. Ein Schlafzyklus in Musik und Raum

Stimmen perfekt auf einander abgestimmt

Voraussetzung für die Intensität der Wirkung war natürlich der Gesang mit der Akkordeonbegleitung Goran Stevanovichs. Die beiden Sängerinnen in Mezzo- und Altlage agierten dabei mit ausgesprochen schönen Stimmen in perfekt auf einander abgestimmtem Miteinander. Die Bearbeitungen der zu Volksliedern gewordenen Kunstlieder passten wie angegossen auf die beiden Stimmen. Dazu agierten die beiden Sängerinnen noch in stilisierten Bewegungen im virtuellen Raum. So entstand ein grandioser, in sich vollkommen stimmiger Abend.

Von Reinald Hanke