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Biegen, schweißen, stecken: Diese Kunst ist Schrott

Cellesche Zeitung, 21.08.2008

Eine Tonne Schrott hat den Teilnehmern des Skulpturen-Workshops des Celler Kunstmuseums zur Verarbeitung zur Verfügung gestanden. Unter der Anleitung des Bildhauers Hartmut Stielow erschufen die Jugendlichen im Apothekerhof des Bomann-Museums daraus skurrile Schrott-Skulpturen.

CELLE. Die Kunst ist Schrott. Mit diesem Urteil können die 18 Teilnehmer des Skulpturen-Workshops gut leben. Kinder und Jugendliche im Alter von 7 bis 17 Jahren tüftelten am Dienstag unter Leitung des hannoverschen Bildhauers Hartmut Stielow und seinem Künstlerkollegen Michael Zwingmann sockelverdächtige Objekte aus Eisen und Stahl. Was nach einem Tag Biegen, Schweißen und Zusammenstecken auf dem Apothekerhof des Bomann-Museums bei der Aktion des Kunstmuseums mit Sammlung Robert Simon herauskam, konnte sich sehen lassen. Die außerirdisch anmutenden Wesen aus Spiralen, Gittern und Rohren sowie skurrilen Erfindungen, wie einem Traktor-Sitz aus den 50-er Jahren samt Trinkbecher und angedeuteter Überdachung, haben ihren ganz eigenen Charme. „Ideenschmiede Kunstmuseum”, kommentiert Robert Simon, künstlerischer Leiter des Hauses die ersten fertigen Werke.

Nur Philipp Freiberger legt die Stirn in Falten, als er sein Gebilde aus Türgriff, Zahnrad, Schrauben und Drahtgitter betrachtet. „Mal sehen, ob Du auf die Formen da eine Antwort findest”, ruft ihm Stielow zu. Der Künstler setzt den Winkelschleifer kurz ab und deutet auf ein Eisengitter. „Nö, das ist nicht rostig genug”, winkt sein Schüler ab. Stielow lacht. Um das Ergebnis geht es ihm nicht. Seine Ziele: Berührungsängste abbauen und das Auge trainieren.
„Ich bin mir sicher, dass keiner von denen in Zukunft an einer Skulptur vorbeigeht, ohne sie richtig wahrzunehmen”, erläutert er.

Ihm sei wichtig, dass die Teilnehmer ein Gefühl für ungewöhnliche Materialien bekommen. „Ich habe gelernt, dass man aus Schrott richtig Schönes machen kann”, bestätigt Philipp Freiberger. Der Zwölfjährige muss sich extra per Auto abholen lassen, um das gewichtige Werk aus Türklinke, Röhre und irgendwelchen Teilen, die einmal irgendwelche Funktionen erfüllt haben, zu transportieren.

Fast über eine Tonne Schrott stand den Nachwuchskünstlern zur Verfügung, berichtet Juliane Baumann, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Organisatorin des Projekts, das im Rahmen von „Jump in!” stattfand, einer Veranstaltungsreihe des Kunst-museums für Kinder und Jugendliche. Das Material sponserte der Entsorgungsfachbetrieb Struck Recycling aus Hambühren.

Hartmut Stielow selbst stellt seine schweißheißen Werke zusammen mit Skulpturen von Friedrich Gräsel noch bis zum Sonntag, 7. September, im Kunstmuseum Celle aus.

Silja Weißer