Seiteninhalt

Können Künstler die Welt verbessern?

Ausstellung im Kunstmuseum: Interview mit Timm Ulrichs

"Man kommt wegen Beuys und bleibt wegen Ulrichs. Ein gelungenes Marketingkonzept", scherzte der Künstler Timm Ulrichs zur Eröffnung der Ausstellung "Beuys. Ulrichs. ICH-Kunst, DU-Kunst, WIR-Kunst" im Kunstmuseum Celle mit Sammlung Robert Simon und brachte zum Säubernlassen seiner Werke ein eigenes Reinigungsmittel mit. Zwischen der nicht enden wollenden Signierphase nahm sich Ulrichs - Kopf-Mensch und geblieben - Zeit für ein Interview mit der CZ.

Von Aneka Schult

Herr Ulrichs, wie hängt sich's neben Joseph Beuys?
Beuys Name hat Weltgeltung, meiner mit Verlaub nicht. In der Ausstellung geht es um eine Parallelisierung von Bedeutung, die man überprüfen muss. Da ist eine Behauptung, die ich nicht aufgestellt habe. Auf dem Plakat steht mein Name auf einer Ebene mit Beuys. Der Betrachter muss überprüfen, ob das statthaft ist. Da gibt es Differenzen und Übereinstimmungen. Uns geht es um eine Durchdringung aller Lebensbereiche mittels Kunst: um die Frage: können Künstler die Welt verbessern? Dabei ist Beuys emotionaler, seine Werke sind aus dem Unterbewusstsein gespeist. Ich arbeite rationaler. Bei Beuys gibt es ein mystisches Raunen, bei mir Pointen mit Witz. Gemein ist uns der Versuch, Materialien auf ihre Kunstwürdigkeit zu überprüfen, auch die Aufhebung der Gattungsgrenzen."

Wie nehmen Sie die vom künstlerischen Leiter Robert Simon und dem Kurator Dr. Michael Wolfson initiierte Herausforderung Beuys gegen Ulrichs an?
Die Gegenüberstellung - Boxkampf oder Gedankenaustausch - ist schon eine enorme Tat. Ob Beuys Punktsieger ist, entscheidet das Publikum. Er gibt sich tragischer, existenzieller. Allerdings geht auch ein 836 Schädel zählendes "Kopfsteinpflaster" über bloße Begrifflichkeiten hinaus.

Werden Sie ruhiger mit den Jahren?
Ich arbeite, so jüngst an einem Kirchenprojekt in München-Fröttmaning, in gleicher Weise wie eh und je. Ich war über 30 Jahre als Professor an der Kunstakademie Münster tätig. Grundsätzlich hat sich nichts geändert. Ein Früh- oder Spätwerk gibts es nicht. Ich greife immer wieder Dinge auf. Wohin die Reise geht - wer weiß?"

Würden Sie heute etwas anderes machen oder sich im Sinne der "Totalkunst" wieder selbst zum Kunstwerk erheben wie bei der "Selbstausstellung" 1966?
Ich saß vor zehn Jahren nochmals in Hagen im Glaskasten - für mich nur eine Wiederholung. Das kann man nicht zweimal machen. Meine Grundhaltung ist zwar geblieben. Als geistiges Abenteuer aber ist so etwas abgeschlossen.