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Am Puls der stählernen Herzen

Kunstmuseum Celle präsentiert Friedrich Gräsel und Hartmut Stielow

Galerist Robert Simon setzt auf die Lebendigkeit der klassisch-modernen Skulptur

Neue Presse, 02.07.2008 - von Evelyn Beyer

Celle. Die Kurzlebigkeit manch aktueller Kunst ist sein Ding nicht. So präsentiert Galerist Robert Simon im Kunstmuseum Celle mit Friedrich Gräsel und Hartmut Stielow zwei Vertreter der klassisch-modernen Skulptur. Aus Stahl und Stein wie für die Ewigkeit gefertigt sind die Arbeiten, Simon hat sie mitten in seine ständige Ausstellung platziert – beide Künstler gehören zur Sammlung.

Knallrot leuchtet die Dreiergruppe von Gräsels Skulpturen aus dicken, verschlungenen Stahlröhren. Industrielles Material; Gräsel, Bochumer, Biennale-Teilnehmer 1972 und zuletzt Professor für Bildhauerei in Essen, greift zu echtem Ruhrgebietsstoff. Die Ergebnisse wirken verspielt, zeichenhaft wie Chiffren oder erinnern an Bausteine des Lebens, an Adern. Die Beobachtung einer Herzoperation diente Gräsel als Inspiration für die drei „Get-ups“, sie zeigenstilisiert das Zusammenziehen und das Aufbäumen des reanimierten Herzens. Sein „coeur géométrique“ fordert den Betrachter zum Eingriff auf: Verschlossen ist dieser „Herz“ ein Würfel aus edelstählernen Röhren, doch man kann es öffnen, Teil für Teil, wie die Finger einer Hand.

Auch Hartmut Stielow, der in Benthe bei Hannover lebt, verwendet Stahl, doch er setzt ihm Granit entgegen. Unbeirrt aller Kunst-Diskussionen nimmt er in seien Werken immer neue Anläufe, Gegensätze zur Symbiose zu führen, Schwere mit Schwerelosigkeit, Ungleichgewicht mit Balance, Dynamik mit Stille zu versöhnen, ohne den Widerspruch aufzulösen. Der meist bräunliche Stahlträger nimmt vielfach Gestalt an und rundet sich manchmal naturformartig, um den eckigen Granitblock zu fassen, zu umschlingen oder gar ins Maul zu nehmen – trotz der Formenstrenge drängen sich figürliche Assoziationen auf. Simon präsentiert auch Stielow-Modelle – wie wuchtig und zugleich zart sie in voller Größe aussehen, ist beispielhaft am Celler Bahnhof zu bewundern: Dort wirbt Stielows Großplastik „Atreus“ für die Schau.
Lohnend auch ein Abstecher in den Seitenraum oben, wo Georg Seiberts stählernes „Gasthaus“ wie eine Urhütte auf Besucher wartet.

Bis 7. September im Kunstmuseum Celle, Schlossplatz 7