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Der große Kunstcoup

Der große Kunstcoup

Hannoversche Allgemeine Zeitung, 25.05.2005

Das Celler Kunstmuseum verdoppelt seine Ausstellungsfläche:
Robert Simon und sein raffiniertes Finanzierungsmodell für das 4,3 Millionen Euro teure Projekt.
 

Von Alexandra Glanz

Jeder Museumsmacher braucht mehr Platz als er hat. Robert Simon schafft Platz. Und lässt sich das obendrein von der EU finanzieren: Das Kunstmuseum Celle mit Sammlung Robert Simon, wie das vor zehn Jahren errichtete Gebäude neben dem Bomann-Museum offiziell firmiert, bekommt einen Vorbau, der die Ausstellungsfläche verdoppelt – und das in Zeiten, in denen anderswo laufende Ausstellungsetats zusammengestrichen werden. Möglich geworden ist dieses Projekt so: Die EU steuerte die Hälfte der insgesamt 4,3 Millionen Euro bei unter der Bedingung, dass Simon die andere Hälfte beschafft. Diese 2,15 Millionen Euro holte sich Simon von der Stadt Celle – allerdings nicht als Geld, sondern in Form von so genannten Bauanteilen. Konkreter ausgedrückt: Die Stadt ließ die Räume des bestehenden Museums bewerten und übertrug sie der Kunststiftung Robert Simon, in die der hannoversche Galerist und Kunstsammler seine Kollektion zeitgenössischer Kunst eingebracht hat. Die eigentliche Bausumme kommt nun von der EU. Aus dem Topf für regionale Wirtschaftsförderung.

„Es ist ein Zahlengerüst“, gibt Robert Simon zu, der die hannoversche Skulpturenmeile ermöglichte und das Celler Haus, seit zehn Jahren nicht nur künstlerisch sondern auch ehrenamtlich leitet. Das Kunstmuseum Celle, das seit 1998 mit dem Slogan „Das erste 24-Stunden-Kunstmuseum der Welt“ wirbt, ist mit seinen regionalen und internationalen Ausstellungen und seinem museumspädagogischen Programm für das Heidestädtchen zur herausragenden kulturellen Institution herangereift.

Das hannoversche Architektenteam Ahrens/ Grabenhorst hat den markanten weißen Würfel entworfen, der nachts wie ein Lichtkubus leuchten wird. Der untere Teil wird durchsichtig sein, ein veritables Schaufenster. Der obere Bereich soll matt verglast sein – in Weiß. Das Büro Ahrens/Grabenhorst, das gerade das Ostfriesische Landesmuseum in Emden umbaut, hat vor den Betonkern, in 70 Zentimeter Distanz, eine Glasfassade gesetzt. Damit soll für künftige Künstlergenerationen die Gelegenheit geschaffen werden, die Fassade zu verändern.

Das Haus | the building

Der neue Kubus: Er sitzt als zweigeschossiges Foyer unmittelbar vor dem vor zehn Jahren gebauten Celler Kunstmuseum. Sein Kern ist aus Beton, die Fassade aus Glas.
 

Der zweigeschossige Foyerbau beinhaltet im unteren Bereich eine sechs Meter hohe Halle mit 75 Quadratmetern Grundfläche. Von ihr führt eine Treppe – und natürlich auch ein Fahrstuhl – in den bisherigen Ausstellungsbereich. Die obere Etage wird Domizil eines multifunktionalen Medienkabinetts, die auf gleicher Ebene mit dem Obergeschoss des alten Neubaus verbunden sein wird. Im Zuge des Umbaus wird der obere Bereich völlig neu konzipiert. Er bestand bisher aus zweiter Etage und Dachgeschoss, die lediglich eine Art Brücke trennte. Künftig wird es hier durch einen durchgezogenen Boden zwei getrennte Ebenen geben, die das Ausstellungsvolumen von bisher 600 auf 1100 Quadratmeter ausweiten.

Der attraktivste Treffpunkt in Simons neuen Lichtwürfel dürfte schon feststehen: Von seiner Dachterrasse aus wird den besten Blick aufs Celler Schloss geben.

Robert Simon
 Robert Simon

Drei Jahre dauerte es, vom Simons erstem Gespräch mit dem Celler Oberstadtdirektor Martin Biermann, über Gespräche mit Denkmalschützern bis zum Baubeginn. Die Termine stehen vor der Tür. In zwei Wochen schon, am 15. Juni, wird das Kunstmuseum für den Neu- und Umbau geschlossen. In einem Jahr soll alles bezugsfertig sein. Also letzte Gelegenheit, um die bisherigen Perspektiven noch – oder erstmals zu erleben: Zu sehen sind außergewöhnliche Lichtobjekte der vergangen vier Jahrzehnte von Künstlern wie Otto Piene, Klaus Geldmacher oder Yvonne Goulbier, Malerei von Dieter Krieg, Giso Westing und Ben Willikens. Und Objektkunst von Joseph Beuys, Peter Basseler und Timm Ulrichs.

Ulrichs´ „Bild, aus dem Rahmen gefallen“ gehört zu Simons Sammlung. In Celle geht es um ein Finanzierungsmodel, das aus dem Rahmen fällt.