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Weniger ist manchmal mehr: Lichtkunst aus Kunstlicht

Christian Herdeg und Regine Schumann spielen mit der Kraft der Leuchtstoffröhren
Leuchtstoffröhren in puristischen Formen eingesetzt und fluoreszierende Stoffe machen die Lichtkunst-Ausstellung aus.

Cellesche Zeitung, 04.12.2006 - von Aneka Schult

Was sieht man mehr, das Licht oder die Farbe? Eine Frage, die sich dem Besucher des Celler 24-Stunden-Kunstmuseums mit Sammlung Robert Simon stellt, wenn er die Lichtkunst-Ausstellung von Regine Schumann und Christian Herdeg tagsüber oder nachts, im Innern oder außerhalb des Museumskubus auf sich wirken lässt.

Weniger ist manchmal mehr: Lichtkunst aus Kunstlicht CELLE. „What you see is what you see“, hat Julia Otto, Kuratorin der durch den Lüneburgischen Landschaftsverband geförderten Lichtkunst-Ausstellung im Kunstmuseum mit Sammlung Robert Simon in ihrer Rede den amerikanischen Maler Frank Stella zitiert. Das Credo der „Minimal Art“, nach dem Motto: weniger ist mehr.

Es ist eine selbstbewusste Kunst, die banalste Gegenstände in den Fokus stellt, wie die Leuchtstoffröhre. Ein Reizpunkt, wenn auch kein neuer. Bereits 1961 konstruierte der Amerikaner Dan Flavin seine Licht-Ikonen, seit 1963 verwendete er industriell gefertigte Leuchtstoffröhren mit fluoreszierendem Licht – ein Referenzpunkt, der für die Künstler Regine Schumann und Christian Herdeg immer wieder spannend ist, wenn sie Kunstlicht in Lichtkunst überführen.

Was Flavin mit seinem Statement: „Es ist, was es ist und nichts anderes“ versuchte ins Asymbolische, Selbstreferenzielle, Nüchterne herunterzuspielen, gewinnt bei Schumann und Herdeg wieder an atmosphärischer Stimmung, poetischer Kraft.

Der aus Zürich stammende Christian Herdeg, der als europäischer Lichtkunstpionier gilt, hat das Leucht-Material beim Blick in die Werkstatt eines Neon-Glasbläsers für sich entdeckt. Zwar knüpft er mit seinem minimalistischen Verständnis des Material- und Formenrepertoires an amerikanische Vorgänger an. Die „lyrische“ Komponente des Lichts ist es aber, die ihn jenseits steriler Reduktionen fasziniert. Seine farbig lackierten Scheiben, Ellipsen und mit Edelgas gefüllten Leuchtstoffröhren beginnen im Schwarzlicht an Konturenschärfe zu verlieren und den Umraum chamäleonhaft zu irritieren. Das Starre erscheint in kontemplativer Schwebe.

Die in Köln lebende Regine Schumann nutzt ebenfalls die puristische Formensprache. Das Spezifische ihrer Arbeiten ist der ironische Umgang mit den Materialien. Glühende Häkelfelder, fluoreszierende Plastilightschnüre oder gelbliche Lichtorgeln mit „Leuchtpfeifen“ flirten mit dem Dunkel des Raums. Ein High-Light ist die extra für die Schau entwickelte, raum(über)greifende Installation „Leuchtstoff“, eine haushohe, geraffte Bikinistoffbespannung in poppigem Neon-Pink. Lässig bespielt die Künstlerin Geschlechter-Klischees, changiert amüsiert zwischen Stereotypen. Formale wie geistige Raster lösen sich bei Schwarzlicht auf in einen Endlos-Kosmos, physikalische in Suggestiv-Kräfte. Wer im Dunkeln um den Kubus geht, meint, dieser schwimme im Lichter- und Farbenmeer. Wo wohl die Farbe endet, wenn sie nicht ans Tableau gebunden ist?

Öffnungszeiten: Zu sehen ist die Ausstellung bis zum 31. März, dienstags bis sonntags 10 bis 17 Uhr, von außen täglich 17 bis 10 Uhr.