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Reportage mit dem Zeichenstift

Cellesche Zeitung vom 16.07.2009 - von Aneka Schult

Am 12. Juli hätte er seinen 110. Geburtstag gefeiert. Zentrale Teile seines Werkes befinden sich im Sprengel Museum, in der Sammlung Robert Simon und Daphne Mattner, Kunsthistorikerin im Celler Kunstmuseum, widmet sich dem Maler in einem Forschungsprojekt. Erich Wegner (1899-1980) gehört zu den Vertretern der Neuen Sachlichkeit Hannover. Sein zeichnerisches Frühwerk wurde 2006 erstmals umfangreich in der Ausstellung „Zwischen Gosse und Geometrie“ im Kunstmuseum präsentiert.

Reportage mit dem ZeichenstiftCELLE. Im Rahmen des Vortrages „Reportage mit dem Zeichenstift – eine Reise durch die zwanziger Jahre“ stellte Mattner die kritisch-grotesken Milieuskizzen Wegners vor und bot unbekannte Einblicke in ihr kunsthistorisches Projekt. Mittels Lichtbildern, anhand von Skizzen und Zeichnungen des Frühwerks (1921-1925) Wegners aus dem Bestand der Sammlung Simon entführte sie die Gäste in die pulsierenden Jahre der Weimarer Republik. Ebenso schnell wie die Zeit der Eile war Wegners Umgang mit dem Zeichenstift. „Unverzichtbar für ihn war der Skizzenblock“, so Mattner. Sie beleuchtete die Künstler-Biografie, ging auf Wegners Motivkreis vom Arbeitermilieu bis hin zu Mordbildern ein und erklärte: „Sein Spektrum reicht von der Einzelstudie zum Gruppenarrangement, von der konstruierten Komposition bis zur lässigen Skizze, von der figurativen bis zur weitgehend abstrakten Darstellung.“ Viele Arbeiten seien nicht größer als Hosentaschenformat. Die Kohleskizze „Dame im Café“ entlarvt alte Rollenbilder. So habe Wegner das Café als spannungsreichen Schauplatz wie auch soziales Elend, Trinker, Huren und Halsabschneider schonungslos detailversessen seziert.

Dabei entwickelte er „einen markanten Stil. Die geschlossene Linie ist sein Gestaltungsmittel Nummer Eins.“ Mit den Gesetzen der Perspektive verfuhr Wegner ebenso frei wie mit Größenmaßstäben. Die Hauptfrage aber, die Mattner an Wegners Skizzenwerk stellt, lautet: „Wo hört die Realität auf, wo fängt die künstlerische Phantasie an?“ Inwieweit ist Wegner Künstler, Dokumentarist, Zeitgeistchronist?