Blick auf echt falsche Bilder
Generalstaatsanwalt öffnet für ungewöhnliche Ausstellung die Asservatenkammer
Cellesche Zeitung, 10.02.2009 - von Silja Weißer
Und noch mehr Klappstühle. Für die Eröffnung der Schau „Falsche Moderne” mussten die Mitarbeiter des Kunstmuseums ordentlich „anbauen”. Über 100 Besucher strömten am Sonntag ins Obergeschoss des Hauses, um einen ersten Blick auf echt falsche Bilder zu werfen, auf Fälschungen aus der Asservatenkammer der Generalstaatsanwaltschaft.
CELLE. Robert Simon, künstlerischer Leiter des Celler Kunstmuseums, und Generalstaatsanwalt Harald Range wählten für die Ausstellung „Falsche Moderne” die echt falschen Arbeiten, frei nach Erich Heckel, Georges Seurat, Max Pechstein und anderen Meistern der modernen Malerei, aus insgesamt neun Gemälde aus einem Fundus von 30 Bildern, die aus einem Prozess am Landgericht Verden stammen.
Laut Simon befindet sich unter 300 Kunstwerken schätzungsweise eine Fälschung. Wie eine gute Kopie gemacht wird, mit welchen Tricks Betrüger sie auf den Kunstmarkt schummeln wollen, und wie der Schwindel auffliegen kann, erläuterte Range in einer kurzweiligen Einführung. Er öffnete die „Fallakte Kunst” über einen großen Betrug in den 90-er Jahren.
Dabei lieferte der Generalstaatsanwalt sogar eine kleine Anleitung zum Selbermachen: „Eine alte Leinwand, alte Farbe, einen alten Rahmen, eine präzise gefälschte Signatur (erst eine Signatur macht eine Fälschung zu einer richtigen Fälschung) und viel Talent, mehr braucht man nicht für eine Fälschung.” Vielleicht noch: eine große Portion Dreistheit. Denn der Betrüger bot seine angeblichen „Zufallsfunde”, die er von einer Kunsthistorikerin und Werbegrafikerin fertigen ließ, für Hunderttausende in deutschen Kunstmuseen an.
Dass es eben doch nicht so einfach ist, beweisen die Reaktionen auf dem Kunstmarkt. Museumsdirektoren, Galeristen und Experten wurden stutzig. Frischer Ölgeruch sowie auffällige Bildelemente, die aus Originalen der kopierten Künstler stammen, verrieten den Fälscher.
Bei einer Hausdurchsuchung wurden 100 Bilder vorgefunden, darunter 30, bei denen betrügerischer Handel nachgewiesen werden konnte. Der Kunstschwindler wanderte drei Jahre und zehn Monate wegen Betruges und Urkundenfälschung hinter Gitter.
„Opfer” der Justiz werden vermutlich auch die Arbeiten, die, Fälschung hin oder her, durchaus etwas fürs Auge bieten. Was genau mit ihnen nach der Schau passiert, ist noch unklar. Range vermutet: „Als letzte Konsequenz wird man sie vernichten müssen.”
Öffnungszeiten: Vorerst sind die Bilder jedoch noch im Kunstmuseum zu bewundern: Bis zum 1. März am Schlossplatz 7. Die Schau ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet.