Graue Matrosen
Im Celler Kunstmuseum ist das Spätwerk Erich Wegners zu sehen
VON RONALD MEYER-ARLT - HAZ 30.05.2011
Fünf Wände im ansonsten reinweiß gehaltenen Kunstmuseum Celle hat man für diese Ausstellung knallrot angestrichen. Eigentlich müsste dieses Rot jedes Werk, das hier hängt, blass aussehen lassen. Doch bei den Bildern von Erich Wegner ist das nicht der Fall. Die Kleidung der Zirkusclowns und Matrosen fängt vor dem Rot erst so recht zu leuchten an.
Das ist so, weil Wegner, einer der wichtigsten Vertreter der Neuen Sachlichkeit in Hannover, einen ganz eigenen Umgang mit der Farbe pflegte. Ganz bewusst setzte er mit Farbe Leuchtakzente. In manchen seiner Bilder, etwa in dem um 1950 entstandenen „Straße der Ölsardinen II“ oder in „Strichmädchen“ von 1949, wirkt die Farbe wie ein Fremdkörper im dunklen Grau.
In Celle ist jetzt das Spätwerk Erich Wegners zu sehen. Wegner, 1899 in Mecklenburg-Vorpommern geboren, aufgewachsen in Rostock, studierte Anfang der zwanziger Jahre an der Kunstgewerbeschule Hannover; dort lernte er Ernst Thoms, Grethe Jürgens und andere Maler der Neuen Sachlichkeit kennen, mit denen zusammen er regelmäßig im Kunstverein Hannover ausstellte. Sein Spätwerk beginnt mit dem Ende des Krieges und seiner Rückkehr aus russischer Gefangenschaft.
Das Frühwerk war bereits in Celle zu sehen. 2006 zeigte der Sammler Robert Simon dort vor allem Wegners Zeichnungen aus den zwanziger Jahren. Die Einblicke in das Spätwerk, die nun zu sehen sind, werden auf zwei Ebenen präsentiert. Im ersten Stock sind die fünfziger und sechziger Jahre zu sehen. Viele maritime Motive gibt es hier und viel Traurigkeit. Oft ist Wegners Welt menschenleer, und wenn doch mal Passanten, Prostituierte, Matrosen oder Zirkusleute zu sehen sind, dann wirken die Personen abwesend und verlassen. Der Ausbruch aus dem Gegenständlichen – der im Grunde in jedem gegenständlichen Bild Wegners zu beobachten ist – nimmt in den siebziger Jahren deutlichere Formen an. Hier hat Wegner einige bunte Werke geschaffen, die ein Stockwerk tiefer zu sehen sind. Mit der Traurigkeit ist hier allerdings das Wesentliche verschwunden. An diesen Werken ist die Zeit nicht spurlos vorübergegangen. Die Matrosen, Clowns und leichten Mädchen aus den fünfziger, sechziger Jahren wirken dagegen zeitlos in ihrer Verlassenheit.
„Erich Wegner 50-60-70. Einblicke in das Spätwerk“.
Bis 5. Juni im Kunstmuseum Celle.