Banalitäten werden zu Juwelen im Kunstmuseum Celle
von Rolf-Dieter Diehl, Cellesche Zeitung, 04.12.2014
„Diese Ausstellung liefert Zündstoff“, verspricht der Flyer des Kunstmuseums Celle. In der Tat. Zumal sich die provokanten Bildmotive und die faszinierende Malerei einen spannenden Wettstreit um die Aufmerksamkeit des Betrachters liefern.
CELLE. „Das Kunstmuseum Celle ist ein Ort, an dem sich – um mit Museumsdirektor Robert Simon zu sprechen – immer wieder die Kraft der Idee manifestiert und uns staunen lässt“, konstatierte Celles Kulturdezernentin Susanne McDowell am Sonntag bei der Vernissage zur Ausstellung „Hi Power Mark III“ und verwies dabei auf die „in ihrer Wirkung kaum beschreibbare Malerei von Cornelius Völker“, dem diese Ausstellung gewidmet ist. Der 1965 in Kronach geborene Künstler war Meisterschüler bei Dieter Krieg und hat seit 2005 eine Professur an der Kunstakademie Münster. Er lebt und arbeitet in Düsseldorf und New York.
Völker lotet kontinuierlich alle Möglichkeiten aus, die die Malerei bieten kann. Dabei setzt er die Farben in einem raffinierten Balance-Akt zwischen Abstraktion und Realismus meisterhaft in Szene. „Aber die Farbe hat ihren Auftritt nie nur als Tonwert“, veranschaulicht Julia Otto, die stellvertretende Direktorin des Kunstmuseums, an verschiedenen Bildmotiven, „sondern immer auch als plastisches Material, das den Bildgegenstand mitformt.“ Und bei der Motivwahl bewege sich Völker „haarscharf an der Grenze von dem, was wir als Bildmotiv von Malerei zu akzeptieren bereit sind“, sagt sie und schwärmt geradezu davon, wie er „unbeachtete, ausgeblendete oder verdrängte Dinge malend und provozierend aus der Masse hebt und wie kostbare Juwelen zum Strahlen bringt“. Gegenstände, die sich normalerweise weder durch besondere Schönheit, noch durch Einzigartigkeit auszeichnen. Wir konsumieren sie eher beiläufig und schauen an ihnen vorbei, ohne sie wirklich wahrzunehmen.
Es sind in der Tat Banalitäten des Alltags, die Völker in unterschiedlichen Stillagen zwischen expressivem Gestus und Pop-Art-Elementen, zwischen Figuration und Abstraktion malt, banale Motive wie Bücherstapel, halbvolle Fuselflaschen, zerknüllte Zeitungen oder Schokoladentafeln, aber auch Pistolen und Revolver, die er aus ihrem Kontext befreit und auf eine abstrakte Oberfläche bannt, um sie quasi zur Schau zu stellen. „Die Motive sind provokant und berühren Tabus“, heißt es im Flyer, aber „die Malerei zieht an, fasziniert und verführt.“ Das Ergebnis, so Otto, sei ein Wettstreit: Motiv und Malerei ringen in Völkers Kunst als ebenbürtige Kontrahenten um die Aufmerksamkeit des Betrachters. Es ist in der Tat verblüffend und wird insbesondere beim Wechsel der Perspektive erlebbar, etwa wenn in der Nahsicht die großformatig abgebildeten Motive ihre Form verlieren, sich in abstrakte Farbflächen auflösen und in reine Materialität übergehen.
Die Ausstellung ist bis zum 12. April im Kunstmuseum Celle mit Sammlung Robert Simon zu sehen.