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Urbilder menschlicher Zivilisation

Afrikanische Hölzer und Stahl – das sind die Materialien, aus denen der Bildhauer Werner Pokorny seine Skulpturen erschafft, die jetzt im Kunstmuseum Celle mit Sammlung Rober Simon zu sehen sind. Dabei harmonieren die Arbeiten Pokornys perfekt mit den Werken anderer Künstler in den Räumlichkeiten – praktisch als Ausstellung in der Ausstellung.

Cellesche Zeitung, 17.03.2009 - von Aneka Schult

CELLE. Mit aristokratischem Selbstverständnis nehmen sie den Raum ein, führen niveauvolle Diskurse über Kunst und die menschliche Existenz, die Skulpturen von Werner Pokorny, zu sehen im Kunstmuseum Celle.
Als Ausstellung in der Ausstellung findet den Dialog nicht nur Sammler Robert Simon sehr reizvoll, sondern auch der Künstler selbst. Ganz gleich, welche Blickachsen sich für den Betrachter ergeben, die in ihrer minimalistischen Durchformung ästhetischen Skulpturen halten nicht nur die Farbwucht und Vitalität der Werke von Dieter Krieg aus, sondern bekräftigen sie. Die tiefe Schwärze der afrikanischen Hölzer, deren Rissbeständigkeit dem Bildhauer in die Hände spielt, verstärkt ein Verbrennungsprozess, der eine Verdichtung des Holzes bewirkt.
 
Diese archaische Metamorphose des Holzes bezieht Joachim Kettels Diptychon „Vulkanische Landschaft“, zumal in ihrer gespachtelten, geteerten Materialität, ebenso in das Kunstgespräch ein wie Ben Willikens „Raum 310“, der die raumgreifenden und formal gestalterischen Aspekte von Pokornys Skulpturen vitalisiert.
Prägend für Pokorny, der in Karlsruhe studierte und seit 1998 eine Professur an der Staatlichen Akademie der Künste in Stuttgart innehat, ist seine stringente, thematisch gelenkte Auseinandersetzung mit den Materialien Holz und Stahl. So sind in einem zweiten Raum kleine Stahlskulpturen zu sehen, darunter Modelle für Objekte im öffentlichen Raum.
 
Seit Beginn der achtziger Jahre entstanden Pokornys Skulpturen zunächst aus Holz, wuchsen anfangs noch naturalistisch aus dem Material. Zunehmend reduzierte Pokorny die Form, um sich ganz dem Kernvokabular des Werdens und Vergehens, den Bildhauer-Symbiosen Konkav und Konvex, Innen und Außen, Überschneidung und Durchblick zu widmen. Thematisch kreisen seine handwerklich wie künstlerisch überzeugenden Auseinandersetzungen um die Motive Haus, Stele, Gefäß. Diese Urbilder menschlicher Zivilisation agieren zugleich stellvertretend für den menschlichen Körper, lassen sich als überdimensionierte Schachfiguren einbinden in philosophische Denksysteme, in die Anthropologie. Hohlform und phallische Vertikalität werden als tiefenpsychologisches Gepäck ohnehin immer mitgeführt.
 
In der Fülle inhaltlich-formaler Interdependenzen, elementarer Befragungen sowie künstlerisch-semantischer Denkanstöße machen die Arbeiten Spaß.
Öffnungszeiten: Bis 31. Mai, dienstags bis sonntags 10 bis 17 Uhr.