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Die fremden Mächte des Lichts

Einleuchtend: Wie die Künstler Christian Herdeg und Regine Schumann das Kunstmuseum Celle erstrahlen lassen

Hannoversche Allgemeine Zeitung, 05.01.2007 - von Claudia Boer

Buntes in Celle: die „schwebenden Röhren“ von Christian Herdeg.

Jetzt, in der dunklen Jahreszeit, ist das 24-Stunden-Kunstmuseum in Celle um eine Attraktion reicher: Mit kunstvollem Licht lassen zwei Künstler nun auch das Innere des Baus auf faszinierende Art erstrahlen. Bis Ende März ist dort eine Doppelausstellung mit Arbeiten von Christian Herdeg und Regine Schumann zu sehen. Beide rekurrieren zwar formal auf die reduzierte Formsprache der Minimal Art, tun dies aber auf ganz unterschiedliche Weise.
 
Von dem Schweizer Christian Herdeg, 1942 in Zürich geboren und nach allerlei weltläufigen Studienaufenthalten seit 1971 wieder in seiner Geburtsstadt als Lichtkünstler ansässig, gibt es im neuen Museumsfoyer geometrische, mit Neon beleuchtete Farbtafeln zu sehen. Kontrastierend empfangen den Besucher vis-à-vis Arbeiten von Regine Schumann, in Schwarzlicht erstrahlende Objekte aus Kunststoff. Wahrlich raumgreifend ist daneben ihre Stoffverspannung, die durch alle drei Etagen des Hauses ragt und dessen Architektur gleichsam aufbricht. Stoff bahnt sich hier im wahrsten Wortsinn seinen eigenen Weg, losgeschickt von der 1961 in Goslar geborenen Künstlerin, die heute in Köln lebt, aber Niedersachsen lange verbunden blieb: Sie studierte Freie Kunst in Braunschweig und war dort 1989 Meisterschülerin bei Prof. Roland Dörfler.
 
Wie geschickt die künstlerische Auswahl ist, die Robert Simon, Spiritus Rector des Hauses, hier wieder einmal für eine der Wechselausstellungen getroffen hat, erlebt man bei genauerer Betrachtung. Christian Herdeg ist mehr als ein schlichter Adept des amerikanischen Minimalismus, indem er formal und beim Einsatz seiner Mittel äußerst sparsam umgeht. Er setzt vielmehr noch eine spielerische Komponente darauf, indem er Objekte „zaubert“. Geometrische Formelemente wirken wie im Raum schwebend, für das Auge des Betrachters getragen von fremden Mächten des Lichts; realiter sind es Leuchtstoffröhren, gefüllt mit Edelgas.
Regine Schumann spielt das Material Licht noch mit ganz anderen Reizen aus. Gehäkelte Quadrate aus Kunststofffäden sind da zum Beispiel zu sehen, Assoziationen nahelegend zwischen Topflappen und Netzstrümpfen. An anderer Stelle sind gelblich scheinende Lichtorgeln zu sehen, deren pfeifenartige Bestandteile aus Acryl bestehen. Besonders beeindruckend ist freilich die das Haus in Gänze bestimmende Installation mit dem sinnigen Titel „Leuchtstoff“. Das Material dieses Werkes ist nämlich Bikinistoff in einem grellen Neon-Pink-Farbton. Der lässt das UV-Licht zusätzlich erstrahlen und je nach der Situation der Ausleuchtung bizarr changieren. Das gekonnte Spiel mit ironischen Einsprengseln ist erheiternd und – einleuchtend.
 
Übrigens erkannten die Celler Stadtväter unlängst den großen künstlerischen Einsatz von Robert Simon als preisenswert an, der seit 1995 mit der Kunststiftung Celle kooperiert und seit sechs Jahren dort seine Robert-Simon-Kunststiftung angesiedelt hat: Für sein Engagement erhielt er die Ehrenmedaille der Stadt. „Robert Simon hat es geschafft, Celle auf der Landkarte der zeitgenössischen Kunst zu einem wichtigen Anlaufpunkt zu machen; dies nicht nur durch die hervorragenden Ausstellungen aus eigenen und fremden Beständen, sondern auch und gerade durch das Thema Lichtkunst sowie durch nicht alltägliche Projekte, die in den Räumen des Kunstmuseums realisiert werden“, so Oberbürgermeister Martin Biermann in seiner Laudatio.
„Christian Herdeg. Regine Schumann. Lichtkunst“, bis 31. März 2007 im Kunstmuseum Celle, Schlossplatz 7. Dienstags bis freitags von 10 bis 17 Uhr.