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Kunst aus Licht

Licht ist der Kunstwerkstoff der Gegenwart. Zurzeit trifft sich das sculpture network in Celle; Künstler aus elf Nationen treffen kamen gestern im Kunstmuseum zusammen. Robert Simon verriet einige Zukunftspläne.

Cellesche Zeitung, 29.09.2012 von Isabell Prophet

Klaus Geldmacher U02CELLE. Holz, Stein, Papier, Farbe, Licht. Werkstoffe moderner Künstler. Eine Skulptur aus Licht? Auch das gibt es, wie Julia Otto zeigt. Die Kunsthistorikerin und Kuratorin am Kunstmuseum mit Sammlung Robert Simon nahm ihre Zuhörer mit auf drei Tauchfahrten in die Welt der Lichtkunst. Ihre Gäste: hochkarätig. Aus elf Nationen waren Mitglieder des skulpture networks angereist, zum elften Mal fand das Internationale Forum insgesamt statt.

Immer wieder wird der Betrachter zum Teil des Werks, erläutert Otto in ihrem Vortrag. So gerät die Kunst zum Spiel mit der Physiologie, wenn Bruce Nauman die Retina mit grünem Licht verwirrt. Tritt der Betrachter aus dem Green Light Corridor heraus, erscheint ihm die Umwelt in strahlendem Pink. Gleichsam kann das Licht geradezu harte Formen annehmen, wie beim Künstler James Turrell. Er formt körperlich anmutende Gebilde aus Licht, die doch, will der Betrachter sie fassen, als Illusion erkannt werden.

„Celle ist das Zentrum für Lichtkunst in Deutschland“, sagt Hartmut Stielow, Vize-Chairman des sculpture networks. Sie zeigt sich im Kunstmuseum, der Bau selbst ist international geachtete Lichtkunst, im Hybriden Garten, einer Installation Francesco Mariottis und im neuen Bahnhof.

Licht als Signal, Licht als Reiz, das ist es, was Mariotti in seinen Werken zeigen will, erläutert er in seinem Vortrag. Bei ihm zeigt sich: Wo Licht ist, Sie ahnen es, da sind auch Kabel, Glühbirnen, Glühdrähte, Klänge und Glühwürmchen.

Moment mal. Glühwürmchen? Tatsächlich, auch sie macht Mariotti zu Kunst. Unter dem Motto "0-Lux", der völligen Abwesenheit von Licht also, leuchten sie in der Finsternis. "Mein Kunstwerk in Zusammenarbeit mit Glühwürmchen", nennt er das. Das Spiel mit Klängen gehört dazu, sogar die Temperatur wird zum Erlebnis.

Von Mathematik und Physik kam Referentin Waltraut Cooper zur Lichtkunst. "Poesie ist eine der ganz wichtigen Möglichkeiten, die wir als Künstler haben", sagt sie. Poesie, das ist bei ihr eine digitale. So darf bei ihr der Betrachter eine eigene Komposition schaffen, wenn er sich an ein Klavier setzt, dessen Tasten Klangkompositionen und Licht auslösen.

Gastgeber Robert Simon waren indes schon Pläne für Celles Lichtkunst-Schauplätze der kommenden Jahre zu entlocken. Im Projekt „Scheinwerfer“ will er die deutsche Lichtkunst zusammenführen. Stielows Feststellung, Celle sei das Zentrum der deutschen Lichtkunst, wird also schon vom kommenden Jahr an neue Bedeutung erfahren.

Doch besteht Lichtkunst nicht zwangsläufig aus Kunstlicht. Das Kunstmuseum selbst ist es, dass den Augenscheinsbeweis liefert: Eine Mischung aus Tageslicht und Kunstlicht, die das Innere des Kunstmuseums in Szene setzt. Oder ist es doch umgekehrt?