Überlagerung kodierten Lichts
Am Freitag wird im Celler Kunstmuseum die Ausstellung „Potz Blitz“ im Beisein des Künstlers Albert Hien eröffnet. Seine Arbeiten hat der Münchner Künstler extra für den Celler Ausstellungsort konstruiert.
Cellesche Zeitung, 28.10.2010
CELLE. Bruchstückhaft wartet es auf dem Boden, das Utensil zum großen Ganzen. Darin liege für den Münchner Künstler Albert Hien, der das Kunstmuseum Celle zu seiner lichtkünstlerischen Spielweise erklärt, eine hohe Spannung: im unäquivalenten Moment tatsächlicher Realisation. Was der Betrachter von Hiens Lichtskulpturen als von der Museumsdecke im Foyer herabhängenden Viermeter-Lüster bestaunen wird, sind fünf in sich verwobene Fragezeichen: formal different, durch ihre kurvigen Neonröhrenkörper strömt unterschiedlich farbiges Licht. Die Arbeit hat der zweifache documenta-Teilnehmer speziell für den Celler Ausstellungsort konstruiert, wobei der Pool der inhaltlichen, materiellen und farbspezifischen Schöpfungsmittel sich über die Jahre künstlerischen Schaffens als ständig neu verwertbar und abwandelbar erwies.
Hien, Professor an der Akademie der Bildenden Künste München, agiert, um seinen künstlerischen Ansatz spotlichtartig zu beleuchten, mit dem Wort, der Schrift, ihrer Form und dem Licht. Als Bildhauer reizen ihn Zeichen und Symbole, ganze Phrasen. Nicht oder nicht nur im Inhalt, ihrer Semantik, sondern in den Sprachmöglichkeiten ihrer Form, der trotz aller Festlegung permanent interagierenden Doppeldeutigkeit und Widersprüchlichkeit.
Die Ausstellung „Potz Blitz“, die das Celler Kunstmuseum am Freitag eröffnet, nähert sich den zwielichtigen Arbeiten von allen Seiten. Im Lichtturm des Foyers hängt eine acht Meter hohe Arbeit mit dem Titel „Taler, Taler, du musst wandern“ von der Decke herab, die Hien in Anlehnung an frühere Raumbespielungen für Celle neu entwickelt hat. Aufsteigendes und fallendes blaues und rotes Licht transportiert das Phänomen Geldkreislauf und zersetzt zugleich die stupide Geschäftstätigkeit. Zerschlagung und Destruktion stehen in Hiens Lichtbildern ebenso im Vordergrund wie der Dialog von Zeichen und ihre Überlagerung.
So funktioniert gleich eingangs die künstlerische „Versuchsanordnung“ „Gib Feuer“, ähnlich wie die präsentierte Arbeit „No sense greeen Xing“ oder die Installation „Bank (ROT)“. Die vielschichtige Mehrdeutigkeit der von Hien stimulierten, vom Betrachter aktivierten Assoziationen macht den Wirkungsradius der Werke aus. Plus ästhetische Überlegungen. Das blau-rote Gegenspiel „Straight to the top“ ist aufsteigender Geist und stürzender Trieb, Erhebung und Fall. Auch Hin- und Abtransport, ähnlich beim Blutkreislauf, der Pfeil als Zeichen und das Wort als Skulptur mischen sich so wie die eigendynamische Macht der Farbe in den Rezeptions- und Wirkungskomplex ein. Die Museumsfassade trägt ihren Teil zur 24-Stunden-Präsenz der Lichtpartituren bei. Schließlich irritieren klare und mattierte Glühbirnen im Seitentrakt im Dauerbetrieb.
Öffnungszeiten: Die Ausstellung ist bis zum 27. März 2011 zu sehen. Die Eröffnung beginnt im Beisein des Künstlers am 29. Oktober um 19 Uhr. Am Sonntag, 31. Oktober, um 11.30 Uhr findet die erste Führung statt.
Autor: Aneka Schult, geschrieben am: 27.10.2010